Aktuelles

Rundbrief Oktober 2022

Sehr geehrte, liebe Mitglieder und Freunde unseres Vereins,

was lange währt wird endlich gut! Getreu diesem Motto konnten wir am 9. Juli die restaurierte Orgel in Gauers /Goworowice (Kreis Grottkau) einweihen. Im Herbst 2014 besichtigte der Vorstand erstmals die Orgel und fasste den Beschluss, dass eine Restaurierung dringend erforderlich und lohnenswert ist. Ohne eine spielbare Orgel ist ein Gottesdienst kaum vorstellbar. „Einer Kirche ohne Orgel fehlt die Seele“ (S. v. Richthofen). Es folgte eine lange Zeit der Diskussion, Planung und Sicherstellung der Finanzierung. Besonderen Dank gilt hierbei Herrn Alexander Scholz, dessen Familie aus Gauers stammt, der unermüdlich um Spenden geworben und letztendlich das Spendenziel weit übertroffen hat. Zeitraubend und kräftezehrend war die Antragstellung der Förderung durch den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien der Bundesrepublik Deutschland, ohne dessen Zuschuss die solide Renovierung nicht möglich war. Dementsprechend groß war bei allen Beteiligten die Freude über die Fertigstellung der Orgel, die das 400-Seelen-Dorf mit einem Gottesdienst, Orgelkonzert und einem anschließenden Fest feierte. Einen Eindruck vom Festtag vermitteln Ihnen die umseitigen Bilder.

Bei der Finanzierung unseren Projekten spielt die Förderung durch den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien eine wesentliche Rolle. Unser geplantes Projekt „Simmenau/Szymonków(Kreis Kreuzburg)“ erhielt einen herben Rückschlag. Die Förderung wurde für das Jahr 2022 mit dem Hinweis auf die gekürzten und erschöpften Bundesmittel abgelehnt, allerdings können wir für 2023 wieder einen neuen Antrag stellen. Somit verstreicht wieder ein Jahr.

Ein wichtiger Baustein für die Arbeit des VEESO sind Ihre Mitgliedsbeiträge und Spenden. Für alle Ihre Unterstützung möchten wir uns bei Ihnen herzlich bedanken.

Die Mitgliederversammlung muss in diesem Jahr leider ausfallen. Wir werden sie aber im nächsten Jahr mit einem attraktiven Rahmenprogramm nachholen.

Wir vom VEESO-Vorstand wünschen Ihnen schon jetzt eine besinnliche Weihnachtszeit, kommen Sie gut ins neue Jahr! Auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr freuen wir uns sehr!

Herzliche Grüße
Britta Steckler

Liebe Mitglieder und Freunde des VEESO,

mit dieser Post erhalten Sie das Protokoll unserer diesjährigen Mitgliederversammlung, die am 18. September 2021 in Görlitz stattfand, und das neue Faltblatt des VEESO, das nun in Polnisch und Deutsch vorliegt. Ab sofort können auch unsere polnischen Freunde Mitgliedsbeiträge und Spenden an den VEESO überweisen – wir verfügen jetzt über ein Konto bei einer polnischen Bank.

Da sich die sächsische Corona-Inzidenz im September auf sehr niedrigem Stand bewegte, konnten wir alles, was für den 18. September geplant war, ungehindert durchführen.

Unser Orgelspaziergang am Vormittag begann in der Peterskirche. Dort steht die „Sonnenorgel“, die bei ihrer Vollendung durch den aus Sorau stammenden Eugenio Casparini im Jahre 1703 die größte und bedeutendste Orgel Schlesiens war. Die neue, in den Jahren 1997 bis 2006 von der Mathis Orgelbau AG im historischen Gehäuse erbaute Orgel verfügt über 91 Register auf 4 Manualen und Pedal. Der Einbau der drei neuesten Register (Groß-Untersatz 64', Untersatz 32' und Basso dolcissimo 16' im Pedal) war am 18. September gerade abgeschlossen, und so konnte ich diese noch vor ihrer offiziellen Einweihung mit Werken von César Frank und Max Reger bei der Präsentation vorstellen.

Die Dreifaltigkeitskirche beherbergt ein Orgelwerk, das noch Teile der 1873 von Friedrich Ladegast erbauten Orgel enthält. 1910 erfuhr die Orgel einige Veränderungen durch den Orgelbauer Röhle, der auch ein neues Gehäuse schuf. 1955 erstellte die Firma EULE/Bautzen ein neues Orgelwerk, bei dem das Gehäuse von 1910 und neun Ladegast-Register wiederverwendet wurden. Ein Traum des VEESO ist, diese Orgel auf den Originalzustand von 1873 zurückzuführen.

In den 1930er Jahre gab es in Görlitz 5 Orgeln der Schweidnitzer Firma Schlag & Söhne (Nikolaikirche, Lutherkirche, Frauenkirche, St. Jakobus und in der Synagoge). Alle diese Orgeln wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch neue Werke anderer Firmen ersetzt. Nur die Orgel der Synagoge blieb erhalten. Die Verwendung von Orgeln im Gottesdienst war in den Jahrzehnten um 1900 ein Kennzeichen liberaler jüdischer Gemeinden. In Görlitz besaß bereits die alte Synagoge in der Langenstraße eine Orgel. In die 1911 eingeweihte neue Synagoge wurde eine 18stimmige Synagogen-Orgel eingebaut. Nach der Schändung der Synagoge in der Pogromnacht 1938 fanden dort keine Gottesdienste mehr statt. Im Frühjahr 1939 wurde die jüdische Gemeinde gezwungen, das Gotteshaus unter dem geltenden Einheitswert an die Stadt Görlitz zu verkaufen. Zuvor bemühte sie sich, das Inventar zu veräußern. Das katholische Pfarramt Heilig Kreuz zeigte Interesse an der Orgel, um sie für die St.-Bonifatius-Kirche in Görlitz-Ost zu verwenden. Nachdem man sich auf einen Kaufpreis von 1.800 Reichsmark geeinigt hatte, wurde die Orgel wohl noch im April 1939 abgebaut und im Herbst desselben Jahres in St. Bonifatius wieder aufgestellt. Bis auf den heutigen Tag begleitet sie dort (Kościół św. Bonifacego in Zgorzelec) den Gottesdienst. Olivier Messiaen soll während der Zeit seiner Kriegsgefangenschaft in Görlitz auf der Orgel gespielt haben. Die 1911 erbaute Synagoge wurde in den letzten 30 Jahren aufwändig restauriert und erstrahlt nun wieder in voller Pracht. Da am 18. September eine Tagung in der Synagoge stattfand, konnten wir nur einen Blick zur Sängerempore, dem ehemaligen Standort der Orgel, werfen.

Die bedeutendste historische Orgel steht in der Stadthalle. Sie wurde 1910 erbaut und ist die letzte Orgel des berühmten Orgelbauers Wilhelm Sauer/ Frankfurt (Oder). Weltweit ist sie die einzige seiner großen Konzertsaalorgeln, die unverändert erhalten geblieben ist. Sie besitzt 71 Register auf 4 Manualen und Pedal und verfügt über ein pneumatisch angespieltes großes Fernwerk. Obwohl die Stadthalle seit 2005 geschlossen ist und zurzeit noch restauriert wird, wurde die Orgel im Vorfeld des Lausitz-Festivals technisch und klanglich instandgesetzt. Ich wiederholte für unsere Teilnehmer das Konzert, das ich eine Woche zuvor im Rahmen des Festivals gespielt hatte:

Max Reger (1873-1916)
Gloria und Benedictus op. 59, 8 und 9

Unter den Sammlungen an „freien Orgelstücken“ nehmen die 1901 entstandenen „12 Stücke op.59“ eine zentrale Stellung im Schaffen Regers ein. Die 1913 von Karl Straube veröffentlichte Registrieranweisung des Benedictus für die Sauer-Orgel der Leipziger Thomaskirche lässt sich an der Sauer-Orgel der Görlitzer Stadthalle kompromisslos umsetzen und vermittelt so einen authentischen Eindruck von Regers Klangvorstellung.

Marcel Dupré (1886-1971)
Prélude et Fugue en sol mineur op. 7, 3

Die 1917 uraufgeführten Präludien und Fugen op. 7 entstanden in Duprés Studienjahren und wurden von der Orgelwelt der damaligen Zeit für unspielbar gehalten. Das Handbuch Orgelmusik (Kassel 2002) berichtet: „Das dritte Werkpaar in g-Moll ist von der Freude am Motorischen inspiriert. Im Prélude verwebt sich ein ununterbrochen in Sechzehnteltriolen surrender Manualsatz mit einem choralartigen Thema in langen Notenwerten. Dieses Thema wird im Verlauf des Stücks harmonisiert und bis zur Achtstimmigkeit geführt - mit vier (!) Stimmen im Pedal. Die tänzerische Fuge im 6/8-Takt hat seit jeher eine besondere Popularität. Im zweiten Zwischenspiel der vorbildlich gesetzten Regelfuge erscheint das Choralthema des Präludiums im Pedal, wandert im dritten Zwischenspiel in den Sopran und ertönt schließlich triumphal in achtstimmigen, manualiter ausgeführten Akkorden, während im Pedal das Fugenthema anklingt. Nach einer Engführung des Themenkopfes in allen vier Stimmen und einem abwärts gerichteten Lauf durch vier Oktaven beenden drei mächtige Akkorde die mitreißende Komposition.“

Max Drischner (1891-1971)
Sonnenhymnus aus schlesischen Landen (Passacaglia E-Dur)

Bei der bildhaften Komposition „Sonnenhymnus aus schlesischen Landen“ von Max Drischner sieht man förmlich vor sich, wie aus dem zarten Frühnebel einer weiten Landschaft vorsichtig die ersten Strahlen hervorbrechen und sich dann der Sonnenaufgang als eindrucksvolle Naturvorstellung vollzieht.

Von der Stadthalle ging es über die Stadtbrücke zur St.-Bonifatius-Kirche, wo Marek Pilch die ehemalige Synagogen-Orgel zum Klingen brachte. Der Pfarrer der katholischen St.-Bonifatius-Kirche hatte in Vorbereitung auf unseren Besuch einen Orgelbauer kommen lassen, so dass auch diese Präsentation zu einem beeindruckenden Klangerlebnis wurde.

Viele Görlitzer hätten gern an unserem Orgelspaziergang teilgenommen, konnten den Termin aber nicht einrichten. Aufgrund der sich vor allem in Sachsen zuspitzenden Corona-Situation konnte eine Wiederholung bisher leider nicht stattfinden.

Am 14. Oktober trafen sich die Vorstandsmitglieder zur Orgelabnahme in Goworowice (Gauers). Die technischen und klanglichen Arbeiten waren termingerecht durch die Firma Jehmlich/Dresden fertiggestellt worden, so dass auch ein kleines internes Einweihungskonzert stattfinden konnte. Außer Marek Pilch, Marek Frąc, der sich vor Ort immer wieder um die Restaurierung gekümmert hatte, und mir ließen sich auch zwei junge Organisten hören, die in Gauers treu die Gottesdienste an der Orgel begleiten. Einige Sequenzen aus diesem Konzert werden demnächst auf unserer Homepage in Bild und Ton erlebbar sein. Eine CD-Aufnahme ist geplant. Die Restaurierung des Orgelprospekts dauert allerdings noch an, so dass sich die Orgel erst zur offiziellen Einweihung am 9. Juli 2022 auch optisch in aller Pracht offenbaren wird. An diesem Tag wird es ein Gemeindefest mit Gottesdienst und Konzert geben, zu dem Sie noch eine gesonderte Einladung erhalten werden. Bitte merken Sie den Termin vor.

Als Folge unserer Mitgliederversammlung in Görlitz konnten wir uns über vier Neueintritte freuen. Im zu Ende gehenden Jahr sind vier unserer Mitglieder verstorben: der langjährige Vorsitzende des VEESO Pfarrer Reinhard Hausmann, Wolfgang Großmann, Wolfgang Thust und Renate Lehmann. Wir wollen ihrer dankbar ehrend gedenken.

Im Rahmen unseres Forschungsprojekts wollen Marek Pilch und ich Anfang des neuen Jahres eine Besichtigungsexkursion durch Niederschlesien unternehmen, um zu ergründen, was von dem reichen Schaffen des Orgelbauers Carl Friedrich Ferdinand Buckow noch existent ist. Bisher kennen wir nur die beiden restaurierten Orgeln in Sohland und Nieder Seifersdorf sowie die restaurierungsbedürftige Orgel in der königlich preußischen Schinkel-Kirche zu Mysłakowice (Erdmannsdorf) im Hirschberger Tal. Die Orgel der Ev. Erlöserkirche Kunnerwitz bei Görlitz (erbaut 1914 durch die Firma Schuster/Zittau), die im nächsten Jahr instandgesetzt werden soll, enthält immerhin noch einige der ursprünglich 16 Register der Buckow-Orgel von 1839.

Das Jahr 2021 hat uns nicht nur Schönes beschert. Blicken wir voller Zuversicht nach vorn. Wir wünschen Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes, gesundes neues Jahr.

Mit freundlichen Grüßen
im Namen des Vorstands

Ihr Reinhard Seeliger, Vorsitzender

In Gauers bei Neiße konnte die historische Orgel der Pfarrkirche gerettet werden

Übersetzung aus der Zeitung Nowa Trybuna Opolska vom 20.12.2021. Autor Krzysztof Strauchmann. Übersetzung Marek Schroer, Berlin.

Restauratoren gelang es, das Originalinstrument aus dem ländlichen Gotteshaus in Gauers vor einem weiteren Verfall zu retten. Die Orgel ist klein, aber von besonderem Wert und Interesse. Der Ort Gauers in der Gemeinde Kamnig zählt kaum 300 Einwohner, jedoch konnte die 120 Jahre alte Orgel der Pfarrkirche in dem kleinen Dorf dank internationaler Zusammenarbeit restauriert werden. Das Instrument wurde im Jahre 1903 von Anton Scholz, dem damaligen Besitzer des Landgutes in Gauers, gestiftet. Gebaut wurde die Orgel von der bekannten Firma Schlag und Söhne aus Schweidnitz. Über all die Jahre hinweg erlitt die Orgel keine Veränderungen und bewahrte ihren ursprünglichen Klang und ihr Aussehen. Leider konnte sie jedoch nicht den Holzwurmbefall und den zerstörerischen Einfluss der Zeit verhindern.

Im Jahre 2014 interessierte sich Alexander Scholz, ein Nachkomme des Stifters, für das Schicksal des Instrumentes. Auf polnischer Seite ergriff Dr. Marek Fronc die Initiative zur Rettung der Denkmalorgel. Dr. Fronc ist Musiker und Dozent am Lehrstuhl für Kirchenmusik an der Musikakademie zu Breslau und fühlt sich dem Ort Gauers aufgrund seiner Ehefrau verbunden.

Frühere Bewohner des Ortes konnten einen deutschen Verein (VEESO), der Projekte zur Erhaltung historischer Orgeln in Schlesien unterstützt und realisiert, für die Orgel interessieren. Der Verein wiederum erhielt eine Zuwendung zur Restaurierung der Orgel von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Finanziell beteiligten sich zudem die Familie Scholz aus Deutschland, die seit sieben Jahren Gelder für dieses Projekt sammelt, die Mitglieder der Gemeinde Gauers sowie der Ortsvorsteherfonds des Dorfes.

Im Oktober konnte der Orgelbaubetrieb Jehmlich Orgelbau aus Dresden die Restaurierungsarbeiten an der Orgel abschließen, teilt Dr. Marek Fronc mit. Nach Abnahme des Instrumentes wurde extra ein Konzert veranstaltet.

Derzeit werden in der kleinen Pfarrkirche noch Restaurierungsarbeiten an dem Orgelschrank und dem Prospekt der Orgel durchgeführt, um das vollständige Dekor und die ursprüngliche Farbgebung wiederherzustellen. Die Restauratorin Wioletta Szydłowska möchte die Arbeiten im Frühjahr kommenden Jahres zum Abschluss bringen. Die Einweihung der Orgel ist für den 9. Juli 2022 geplant.

Anmerkung: Die Orgel wurde nicht von Anton Scholz gestiftet. Hauptgeldgeber war Dr. August Zedler (1827-1908), Rittergutsbesitzer auf Satteldorf.